Sonntag, 22. April 2012

Was man von Kindern lernen kann

Tja da gibt's doch immer diese schöne Anekdote von Harvey Diamond: "Legen Sie mal einen Apfel und ein Kaninchen einem Kind in sein Bettchen. Wenn das Kind das Kaninchen ißt und mit dem Apfel spielt, dann kaufe ich Ihnen ein neues Auto." 

Ich glaube als Kind weiß man instinktiv, dass es nicht richtig ist Lebewesen zu töten oder Tiere zu essen. Sicher, man denkt irgendwann nicht mehr darüber nach, schließlich sorgen ja in erster Linie die Eltern dafür, was auf den Tisch kommt und was gegessen wird. Aber die erste Reaktion, die ich als Kind hatte, als ich erfuhr, dass für einen Schweinebraten auch tatsächlich ein echtes Schwein sterben muss, war die Nahrungsverweigerung. Das hielt natürlich nicht an und ich hatte dieses Erlebnis auch soweit verdrängt bis ich schließlich selbst zur Vegetarierin und dann zur Veganerin wurde.

In letzter Zeit schaue ich dann aber meiner kleinen Schwester oder meinen kleinen Cousinen über die Schulter beim lesen oder fernsehgucken und bemerke Kleinigkeiten, die mich eigentlich schon als Kind in diese Richtung hätten treiben sollen.

Erst vor kurzem bin ich auf den Familienfilm Charlotte's Web gestoßen. 



Gleich zu Beginn des Films gibt es eine entscheidende Szene, in der Wilbur das kleine Ferkel von einem kleinen Mädchen namens Fern vor dem sicheren Tod gerettet wird. Wilbur ist der Kleinste in seinem Wurf und soll als schwächliches Ferkel gleich geschlachtet werden. Die Szene gibt's hier zu sehen. Das kleine Mädchen lehnt sich gegen ihren Vater auf und fragt ihn "Wie kannst du nur so herzlos sein?". Ich finde die Szene insgesamt zwar etwas pathetisch (gut ist ja auch ein Kinderfilm) aber den anklagenden Unterton finde ich schon ziemlich interessant.
In der Zeichentrickversion ist das ganze sogar noch ein bisschen dramatischer (und somit realistischer) aufgezogen: hier die Zeichentrickversion von Charlotte's Web.
Davon mal abgesehen, dass kein Kind nach diesem Film mehr Lust auf Bacon haben sollte finde ich besonders spannend, dass man im Laufe des Films sogar mit der Spinne Charlotte sympathisiert. Als die Spinne am Ende des Films stirbt habe ich tatsächlich ein paar Tränchen verdrückt, obwohl ich mich normaler Weise sehr bei diesen Tieren anstelle und ekele. 



Als ich selbst noch ein Kind war habe ich den Film "Ein Schweinchen namens Babe" rauf und runter geguckt. Dass ich nicht schon damals dem Fleisch abgeschworen habe, wundert mich ehrlich gesagt heute noch. Zu sehen wie liebenswürdig sogenannte "Nutztiere" sind und gleichzeitig an seinem "Happy Meal" von McDoof rumzumümmeln ist für mich ein unerklärlicher Widerspruch, mit dem ich aufgewachsen bin und der mich bis heute schwer verwirrt. 


Diese Widersprüche scheinen allerdings für die meisten zum Alltag geworden zu sein. Ferkel sind süß - und gleichzeitig lecker. Kälbchen sind niedlich - aber Kalbsleberwurst gehört auf die Stulle.
Ich weiß nicht, ob es viele Kinder gibt die sowas googlen, aber um euch mal einen Eindruck von meinem Dilemma zu geben:


DAS ist eines der Bilder, die man in der Suchausgabe für die Begriffe "Schweinchen Babe" ganz vorne an findet. Ich kann mir gut vorstellen, wie soetwas Kinder verwirrt. Unsere Handlungen stehen unseren Werten und Einstellungen gegenüber. Es will einfach nicht zusammenpassen. Dabei wäre es doch so einfach.

Fern's Vater sagt im Kinderfilm zu seiner Tochter: "Fern, du musst lernen dich zu beherrschen. Es geht doch nicht anders."
Doch es geht auch anders. Jeder hat die Wahl und kann sich für oder gegen das tote Tier auf seinem Teller entscheiden.

Ich denke von Kindern und auch von Kinderfilmen kann man ne Menge lernen.
Mein Lieblings Disneyfilm war als ich klein war "Arielle, die kleine Meerjungfrau". 
Der Film hat diesen interessanten Perspektivenwechsel gleich zu Anfang: 
Man sieht ein Schiff auf dem Prinz Eric mitsegelt und die Fischer darauf erzählen ihm das Seemannsgarn von König Triton und den Meermenschen. Dabei werfen sie gefangene Fische von einem Netz in große Holztonnen. Einer der Fische schafft es dem Seemann zu entwischen und springt über Bord, zurück ins Meer. Plötzlich verändert sich der Zeichenstil. Aus den großen leeren Fischaugen und dem offenem Schnappmund wird ein Gesicht und man sieht wie der Fisch panisch wegschwimmt und als er endlich in Sicherheit ist, ganz erleichtert aufatmet und lächelt.
Seht es euch hier einfach selbst an, falls ihr euch nicht mehr sogut daran erinnert oder den Film gar nicht kennt. Ich finde das filmtechnisch sehr gut gemacht. Als Kind hatte ich immerzu Mitleid mit diesem einen Fisch und hab mich gefreut, dass er seinem Schicksal entronnen ist. 
Mein großer Bruder ist Angler und meint, Fische spüren keinen Schmerz. Die bekommen es nicht mit, wenn man sie totschlägt. Und ich hab jahrelang schön weiter Fischstäbchen von Captain Inglo gefuttert, manchmal sogar während ich mir Arielle mit ihren Meerestierfreunden angesehen habe. Vielleicht hilft einem die Tatsache, dass es Zeichentrick ist, ja darüber hinweg das Gesehene mit der grausamen Realität in Verbindung zu bringen? Was meint ihr?

Fallen euch auch solche Beispiele für gelungene Filme mit tierfreundlicher Botschaft ein? 
Habt ihr euch vielleicht auch selbst als Kind so hin und her gerissen gefühlt? 
Was haltet ihr von den beiden Filmen, wie würdet ihr sie aus heutiger Sicht bewerten?

Hasenfuß

7 Kommentare:

  1. Ein sehr sehr guter Beitrag, Hasenfuß! Ich habe letztens Charlotte's Web DAS ERSTE MAL IN MEINEM LEBEN :-O (im Fernsehen) gesehen, und ich war begeistert! Außerdem deutsch synchronisiert! Es gibt ja Leute, die die oft mit solchen Filmen einhergehende Verniedlichung der Tiere für völlig falsch halten - ich denke, wenn sich Eltern mit ihren Kindern solche Filme ansehen und ehrlich darüber reden, kann nur Gutes dabei herauskommen ...

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    1. Ja, ich denke auch, es kommt da ganz entscheidend auf die Eltern an. Letztens habe ich in der Stadt eine junge Mutter mit ihrem Kind gesehen, die an einem Stand vorbei sind an dem Bilder aus der Massentierhaltung gezeigt und Flyer verteilt wurden. Das Kind sah die grausigen Bilder und fragte "Mama was ist das?" "Das sind Schweine." "Warum tun die Leute den Schweinen weh?"
      Das war ein Gespräch wie aus dem Bilderbuch, aber leider hat die Mutter, die inzwischen reichlich nervös war, ihr Kind schnell weiter gezogen und ich habe die letztendliche Antwort nicht mehr mitbekommen. Interessiert hätte es mich aber schon, denn das könnte ein prägender Moment für das kleine Kind gewesen sein...

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    2. Ein sehr toller Post! Danke Dir! Mich hätte ja auch interessiert, was die Mutter dem Kind geantwortet hat. Es kommt wirklich entscheidend auf die Eltern an.
      Meistens ist es ja wirklich so, dass es einen prägenden Moment im Leben gibt, der einem vor Augen führt, was man da eigentlich macht. Ich erinnere mich noch genau an den Tag an dem ich (erstmal) Vegetarierin geworden bin. Ich war 12, mochte eigentlich nie wirklich Fleisch, aber an dem Tag habe ich eine Dokumentation über Massentierhaltung gesehen und es hat Klick gemacht. Ich habe nie wieder Fleisch angerührt. Viele meinten natürlich es sein eine Phase, aber ich denke inzwischen sind dann doch alle davon überzeugt, dass sich meine Einstellung nicht mehr ändern wird. :)

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  2. Ich finde solche Filme auch gut, aber manchmal haben sie den gegenteiligen Effekt. "Findet Nemo" hat damals angeblich dazu geführt, dass alle plötzlichen einen Clownfisch zu Hause haben wollten und der bedroht ist :-( Man sollte den Kindern auch die Wahrheit über "Lebensmittel" zeigen, so wie in diesem Buch. Das ist jedoch nicht erwünscht und ruft scheinheiligen Widerstand hervor :-(

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  3. Und wußtest du dass der Schauspieler der den Bauern in "Schweinchen Babe" darstellt, durch die Zusammenarbeit mit den trainierten Ferkeln während der Dreharbeiten zum Vegetetarier wurde, später Veganer und wegen Tierschutzaktionen sogar festgenommen wurde? https://de.wikipedia.org/wiki/James_Cromwell

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    1. Ja, das hab ich auch schon gehört! Ich find das total bewundernswert, vor allem wenn man bedenkt wie alt der Schauspieler schon zu Beginn der Dreharbeiten war. Das zeigt nur: Es ist nie zu spät sich und sein Verhalten zu ändern!

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    2. Toller Post!!!
      Und das mit dem Schauspieler, der durch den Film Schweinchen Babe vegan wurde, wusste ich nicht, und finde es richtig toll.
      So eine Situation wie du oben mit der Mutter habe ich letztens auch erlebt. Habe bei einem Infostand von Peta über die Hühnerhaltung mitgeholfen, wo auch ein Film gezeigt wurde. Ein Familienvater saß da in der Nähe mit seinen zwei Kindern auf einer Bank und meinte zu ihnen, sie sollen nicht so nah rangehen, da würden eklige Bilder gezeigt.
      Das finde ich schlimm, er WEIß, dass es da eklig zu geht, dass da irgendwas nicht stimmt und gleichzeitig isst er mit seinen Kindern Currywurst :(

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